Ein älterer Mann kniet in einem Feld und rupft Unkraut.

Gartentipps

Wie sieht ein Garten aus, der für Menschen, Insekten und Pflanzen gleichermaßen lebenswert ist? Unsere Expert*innen verraten es!

Mut zur gepflegten Wildnis – Machen Sie Ihren Garten zum Vogelparadies

Wer in den letzten Jahrzehnten durch unsere Lande gefahren ist, dem ist nicht verborgen geblieben, dass die Landschaften verarmt sind. Mit Hecken, „Unkräutern“ oder Wildblumen wie Klatschmohn oder Margeriten verschwinden auch Insekten und Singvögel. Um dem Artensterben entgegenzuwirken, können Sie im eigenen Garten anfangen.

So wird Ihr Garten zum Ersatzlebensraum

Vögel brauchen abwechslungsreiche Lebensräume, die den vier typischen Vegetationsschichten entsprechen: Bäume, Sträucher, mehrjährige und Kräuter (einjährige Pflanzen).

Als Bäume eignen sich in der Regel Obstbäume. Für die Strauchschicht sind beerentragende Arten, die für Vögel und Insekten gleichermaßen attraktiv sind, eine gute Wahl. Stauden sind wichtige Wirtspflanzen für Schmetterlinge und andere Insekten.

Steinmauern und -haufen sowie Holz- oder Reisigstapel und Baumstammstücke bieten Vögeln, aber auch Insekten, Kröten oder Eidechsen Unterschlupf. Kletterpflanzen wie Efeu, Schlingknöterich oder Zaunrübe schaffen Lebensräume an der Hauswand. Dort sollten auch Nistkästen in verschiedenen Formen angebracht werden.

Genug „Futter“ für Vogel und Mensch

Nutzgarten und naturnah „verwilderter“ Garten müssen nicht penibel voneinander getrennt sein. Zwischen Gemüsereihen können Kräuter gesät werden. Ist das Gemüse stärker herausgewachsen und sind die Kräuter abgeblüht, rupft man sie aus: Als Bodenbedeckung  halten sie die Erde feucht und bieten Vögeln vielerlei Samen als Futter an. Eine geeignete Futterstelle sollte das ganze Jahr über zum Beispiel mit Sonnenblumenkernen, Fettfutter und Haferflocken bestückt sein, denn Vögel können schon nach einem Tag ohne Futter sterben.

Auf „Schädlings“-Bekämpfungsmittel sollten Sie ganz verzichten, um Artenreichtum zu fördern und den Vögeln nicht die Nahrung  zu nehmen. Wenn Sie also einen artenreichen und vor allem vogelfreundlichen Garten haben wollen, sollten Sie viel wachsen, aber auch stehen und liegen lassen.

 

PETER BERTHOLD ist Ornithologe und Verhaltensforscher. Er verfasste Standardwerke wie "Unsere Vögel. Warum wir sie brauchen und wie wir sie schützen können" und "Vögel füttern – aber richtig" (beide 2017). Mit dem Projekt "Jeder Gemeinde ihr Biotop" setzt er sich für ein deutschlandweites Netz naturnaher Lebensräume ein.


Fliegende Helfer für den Gemüsegarten

Wenn Läuse oder andere Schädlinge ins Gemüsebeet einfallen, ist guter Rat teuer. Was können Sie tun, wenn Sie keine Pestizide einsetzen wollen? Locken Sie Singvögel und Raubinsekten an! 

Singvögel auch im Sommer füttern!

Singvögel brüten im Frühsommer. Dann gibt es ausreichend Insekten, die die Jungvögel brauchen, um gut zu wachsen und Federn zu bilden. Die Altvögel benötigen für die Jagd energiereiche Kost, zum Beispiel Samen von Gräsern und Blumen. Doch in Gärten werden Wiesen zu oft gemäht und abgeblühte Blütenstände entfernt. Die Altvögel müssen dann entweder lange suchen oder auf Insekten zurückgreifen, die weitaus energieärmer sind. Beides reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass die Brut überlebt.  

Wenn Sie Sonnenblumenkerne oder andere Sämereien bereitstellen, jagen die Altvögel  im Umfeld der Futterstelle Insekten und reduzieren so die Schädlinge erheblich. Achtung: Wenn das Futter feucht wird und schimmelt, werden die Vögel krank. Sorgen Sie also für ein sauberes Futterhaus. Füttern Sie kein Brot oder andere verarbeitete Produkte, sie sind ungesund für Vögel.

Wasser für durstige Flieger

Am besten ist ein Gartenteich mit flacher Uferzone. In einen Plastikteich können Sie schräg ein Brett klemmen, damit die Vögel dort landen und trinken können und damit sie herauskommen, falls sie ins Wasser fallen. Optimal ist ein Uferabschnitt mit Wasserpflanzen, die im Wasser stehen. Hier können auch Insekten gut trinken. Wenn sie kein Wasser finden, fressen sie oft Obst an den Bäumen an, um sich mit Flüssigkeit zu versorgen. Durstige Wespen sind übrigens weit angriffslustiger als andere.

Oder Sie stellen Tränken auf. Für Insekten: eine Mulde mit Wasser, Pflanzen zum Klettern und Schutz vor Vögeln. Vogeltränken sollten gegen Raubtiere gesichert sein. Wenn Nützlinge Futter und Wasser finden, dann bleiben sie in Ihrem Garten, jagen dort und helfen Ihnen gegen Läuse und andere Schädlinge.


VOLKER CROY ist M. Sc. für Produktionsmanagement im Gartenbau und schreibt die Gartenkolumne Volkers Gartentipps der Dresdner Neueste Nachrichten. Außerdem gibt er Workshops und Seminare unter anderem zu Gartenbau, Permakultur, besonderem Obst und natürlicher Schädlingsbekämpfung.

Insekten und das Mähen von Wiesen – Eine Anleitung

Insekten brauchen Raum und Zeit, um sich entwickeln zu können. Die Weibchen von Schmetterlingen zum Beispiel legen ihre Eier an Pflanzen, an denen später die Raupen fressen. Sind diese ausgewachsen, verpuppen sie sich und aus den Puppen schlüpfen die Falter. Auch Pflanzen brauchen Raum und Zeit, um bis zur Blüte und gar zur Samenreife zu gelangen. An ihren Blüten finden Falter, Wildbienen, Schwebfliegen und Käfer Pollen und Nektar. Auf bunten Wiesen und Weiden könnten viele Insekten einen Lebensraum finden. Doch häufig wird zu viel gemäht – selbst auf Flächen, die einfach nur da sind und nicht zum Spielen, Grillen und Feiern benötigt werden. Allein durch eine angepasste Mahd lassen sich viele Grünflächen in einen Lebensraum für Schmetterlinge und andere Insekten verwandeln.


1. Seltener mähen

Sowohl Pflanzen als auch Schmetterlinge brauchen Zeit, um sich entwickeln zu können.Deshalb sollte eine Fläche nur ein- bis maximal dreimal pro Jahr gemäht werden.


2. Bei jeder Mahd stets einen Teil ungemäht belassen

Sie sollten stets etwa 10 bis 30 Prozent der Fläche ungemäht lassen. So kann ein Teil der Insektenpopulationen überleben: Falter finden hier nach der Mahd noch Nektar- und Eiablagepflanzen, Raupen können weiterfressen. Von hier aus können die Tiere die gemähten Bereiche wieder besiedeln. Auch über den Winter muss Vegetation erhalten werden, weil daran Eier, Raupen und Puppen die kalte Jahreszeit überdauern.

3. Das passende Werkzeug wählen

Völlig ungeeignet für artenreiche Wiesen sind Mulchwerkzeuge. Die meisten Rasenmäher besitzen Rotationswerkzeuge, welche die Pflanzen (und die Insekten) mehrfach schneiden, schlagen und zerkleinern. Besser ist es, Balkenmäher und Handsensen zu benutzen. Sie schneiden die Vegetation in einer horizontalen Ebene. Insekten, die sich oberhalb und unterhalb der Schnittebene befinden, überleben die Mahd und können in angrenzende Vegetation krabbeln oder fliegen. So können auf der gemähten Fläche bis zu 60 Prozent der Insekten überleben. Das Mahdgut muss nach drei bis sieben Tagen entfernt werden.

4. Den besten Zeitpunkt abpassen

Die Tageszeit hat einen großen Einfluss darauf, wie viele Tiere eine Mahd überleben.Am besten mähen Sie bei Sonnenschein, wenn nachtaktive Raupen am tiefsten in der Vegetation verborgen sind und Falter vor dem Mähwerk davonfliegen.


MATTHIAS NUSS leitet die Sektion Lepidoptera (Schmetterlinge) am Senckenberg Museum für Tierkunde. Seit 2007 ist er federführend an verschiedenen Insekten-Projekten beteiligt, unter anderem "Puppenstuben gesucht – Blühende Wiesen für Sachsens Schmetterlinge, Insekten Sachsen" und "Wo tanzt das Glühwürmchen".

Endlich mal der Natternkopf-Mauerbiene helfen!

Die Natternkopf-Mauerbiene (Osmia adunca) ist eine von rund 560 heimischen Wildbienenarten Deutschlands. Nahezu alle sind in den letzten Jahren stark zurückgegangen, viele davon stehen sogar auf der Liste der gefährdeten Tierarten. So wie diese Nahrungsspezialistin. Sie ist ziemlich wählerisch bei ihrer einzigen Futterpflanze, dem Natternkopf (Echium vulgare). Denn Natternkopf, eine zweijährige Wildblume, wächst bei uns im Siedlungsraum kaum noch. Doch man kann leicht helfen.


Und so geht es

Sie brauchen zunächst einmal etwas Platz im Garten. Notfalls funktioniert das sogar in Balkonkästen. Ein bis zwei Quadratmeter reichen bereits aus. Die müssen sonnig sein und sehr trocken, ideal beim Klimawandel. Am besten sucht man eine ziemlich sandige oder kiesige Stelle aus oder hebt eine Fläche aus und füllt sie mit Kies oder Sand. Oder man schüttet auf bestehenden Boden einen 30 bis 40 Zentimeter hohen Hügel aus Sand oder Kies auf. Dann pflanzt man einige Natternkopfpflanzen hinein, sechs Stück reichen für einen Quadratmeter.

Jetzt heißt es nur noch warten. In fast allen Fällen finden diverse Wild- und Honigbienen den blühenden Natternkopf sehr schnell. Dazu kommen Schmetterlinge wie Zitronenfalter oder Tagpfauenaugen und natürlich jede Menge Hummeln. Mit etwas Glück besucht  Sie dann sogar die Natternkopf-Mauerbiene.

 

Und wie geht es weiter?

Die Natternkopf-Mauerbiene ist ein Hohlraumbrüter und benutzt gerne trockene Schilfhalme oder Bambusröhrchen als Brutröhren. Haben Sie schon welche in der Nähe aufgestellt? Dort baut sie mit Natternkopfpollen gefüllte Brutzellen. Wenn Sie Ihr Mini-Natternkopf-Gärtchen über den Winter stehen lassen und die trockenen Stengel erst im nächsten Frühling abschneiden, kann sich Ihr Natternkopf aussäen. So können nächstes Jahr dann die frisch geschlüpften Bienlein zum Fressen  fliegen. Abgemacht?

 

REINHARD WITT ist seit 35 Jahren mit Leib und Seele begeisterter Naturgärtner und hat schon vielen Natternkopfbienen zum Leben verholfen. Er ist der Autor von "Natur für jeden Garten. Das Einsteigerbuch" (2013).

Wie man Öko-Guerillera / Guerillero wird

Eine Anleitung zum gärtnerischen Ungehorsam (in 7 Schritten)

Die aufgeräumten deutschen Gärten und Grünanlagen sind aus der Sicht von
Insekten Orte des Grauens: akkurat gestutzte Rasenflächen und Koniferen,
soweit das Auge reicht. Da bleibt nur eins: Der Weg in den Öko-Untergrund!

 

1. Pflanzt Unkräuter!

Blühende heimische Wildpflanzen, von Gärtner*innen gemeinhin als Unkraut bekämpft, sind Magneten für Bienen, Wildbienen, Falter und Schwebfliegen. Sammelt im Sommer am Wegesrand Samen von Natternkopf, Färberkamille und Heidenelken oder bestellt sie bei speziellen Wildpflanzengärtnereien.

 

2. Nieder mit den Geranien!

Meidet exotische und hochgezüchtete Pflanzen. Der Deutschen liebste Blume etwa, die Geranie, ist für heimische Bestäuberinsekten völlig nutzlos. Gleiches gilt für Petunien, Begonien, Fuchsien, Stiefmütterchen und Forsythien.


3. Ein Hoch auf die Krusch-Ecken!

Lasst Laubhaufen liegen, das freut Käfer und Ohrenkneifer. Im Herbst die trockenen Stängel stehen lassen, darin überwintern viele Insekten. Das Gras darf ruhig etwas länger wachsen und ein paar Gänseblümchen und Löwenzahn beherbergen.

 

4. Insekten sind Freunde, nicht Feinde!

Habt mehr Geduld mit Blattläusen, Spinnen und Co. Selbst wenn sie nicht sympathisch wirken, so dienen sie doch vielleicht noch als Futter für andere Insekten oder Vögel. Wird es ganz schlimm, wendet euch vertrauensvoll an den Nützlingsversand in eurer Nähe und deckt euch mit krabbelnden Helfern ein: Eine Larve des Marienkäfers zum Beispiel vertilgt pro Tag bis zu 150 Blattläuse.

 

5. Baut (Saatgut-)Bomben!

Bauanleitung:
5 Esslöffel Blumenerde,  
5 Esslöffel Bentonit-Katzenstreu, 1 Teelöffel
Wildpflanzen-Samenmischung.

Mit etwas Wasser zu walnussgroßen Kugeln formen, trocknen lassen. Abwurf ab April auf Verkehrsinseln, Baumscheiben, brachliegende Grundstücke, in Nachbars Garten. Nicht verbuddeln, Lichtkeimer!

 

6. Bewaffnet euch!

Tut euch mit Gleichgesinnten zusammen, bewaffnet euch mit Spaten und pflanzt heimische Wildpflanzen und Gehölze in Parks und auf brachliegenden Grundstücken eurer Umgebung.

 

7. Verbreitet die revolutionäre Botschaft: Kampf den Geranien! Friede den Unkräutern!

 

CHRISTIANE HABERMALZ ist Mitgründerin des vogeljournalistischen Online-Magazins „Die Flugbegleiter – Ihre Korrespondenten aus der Vogelwelt“, dasregelmäßig Texte zu Vogel-, Natur- und Artenschutz veröffentlicht. www.flugbegleiter.org