Kurzführung: Von Pflanzen und Menschen (1/3)
Zu den Wurzeln: Wie wir Pflanzen wahrnehmen und was wir über sie wissen
Wegen der Coronavirus-Pandemie war die Ausstellung nur bis zum 13. März 2020 zu sehen.
Haben Sie sich Ihren Kirschbaum oder die Orchidee auf Ihrem Fensterbrett schon einmal als menschliche Wesen vorgestellt? Gar nicht so abwegig, denn es gibt einiges, was Pflanzen mit uns gemein haben: Sie wachsen und sterben, recken sich nach der Sonne oder haben Durst. Neuere wissenschaftliche Erkenntnisse lassen vermuten, dass sie miteinander kommunizieren und über eine Art Gedächtnis verfügen. Für den Planeten sind Pflanzen in jedem Fall sehr viel nützlicher als wir Menschen. Sie produzieren die Atemluft für Mensch und Tier, schaffen Lebensräume und bieten Nahrung. Mit anderen Worten: Wir sind von der uns umgebenden Flora komplett abhängig – während die Pflanzen sehr viel besser ohne uns leben könnten.
In der Ausstellung Von Pflanzen und Menschen erfahren Sie, warum die Welt der Pflanzen überlebensnotwendig für uns ist und uns gleichzeitig mit ihrer Vielfalt und Schönheit verzaubert. Die Ausstellungsarchitektur wächst durch die drei Säle wie eine Blume - mit Wurzelwerk, Blättern und Blüten. In diesem Szenario führen kulturhistorische Zeugnisse und Kunstwerke, wissenschaftliche Präparate, Fotografien und Videoinstallationen eindrucksvoll vor Augen, mit wie viel Zuneigung und Neugier der Mensch seiner pflanzlichen Umwelt begegnet – aber auch mit wie viel rücksichtsloser und zerstörerischer Gewalt. Denn das ist die politische Seite der Ausstellung: Globale Gefahren wie der menschengemachte Klimawandel, der Rückgang der Artenvielfalt oder die bedrohliche Welternährungslage zwingen uns, über einen bewussteren und schonenderen Umgang mit den Pflanzen und der Natur insgesamt nachzudenken.
Die Besucherinnen und Besucher erwartet auf diesem musealen Streifzug über den grünen Planeten aber auch viel Überraschendes, Kurioses und Spielerisches. Mit einem gängigen Vorurteil wird am Ende des Rundgangs jedenfalls gründlich aufgeräumt sein – Pflanzen sind alles, nur nicht langweilig!
John Baldessari, Alberto Baraya, André Bayard, Karl Blossfeldt, Susanne Bürner, Samuel Butler, Karen Cantú, Martin Claßen, Roald Dahl, Arno Drescher, Mat Hennek, Alessandro Holler, Volker Kreidler, Jochen Lempert, Liisa Lounila, Richard Lowenberg, Marcus Maeder, Antje Majewski, Siobhán McDonald, Margaret Mee, Uriel Orlow, Elske Rosenfeld, Michael Sailstorfer, Klaus D. Schmitt, Renée Sintenis, Åsa Sonjasdotter, Stuart A. Staples, George Steinmetz, Alexandra R. Toland, Michael Wang, Andreas Weinand, Susanne M. Winterling
Ganz ohne Gartengerät oder Bestimmungsbuch bieten sich Ihnen in der Ausstellung immer wieder Gelegenheiten, die Pflanzenwelt selbst zu ergründen und Ihr botanisches Wissen zu erweitern. Hören Sie Bäumen zu oder steuern Sie allein mit Ihren Bewegungen an einer Medieninstallation das Wachstum des Titanwurzes, dem Gewächs mit der weltweit größten Blüte. Ob Sie mit den Schmetterlingen in Ihrem Garten schon „per Du“ sind, können Sie bei einem Bilderrätsel herausfinden. Und an unserem Glücksrad erfahren Sie in der Sprache der Blumen, ob Sie auf andere Menschen verführerisch wirken wie eine Rose oder eitel wie eine Narzisse.
Botanische Zeichnungen und Kunstwerke sind im ersten Kapitel ebenso zu sehen wie Methoden und Instrumente, mit denen Erkenntnisse über das Leben der Pflanzen gewonnen werden. Wie kann man herausfinden, wie Pflanzen wachsen, ihre Umwelt wahrnehmen oder sich ernähren? Neuere Forschungen lassen vermuten, dass es so etwas wie eine pflanzliche Intelligenz gibt und dass beispielsweise Mimosen über eine Art Erinnerungsvermögen verfügen. Ist der Mensch wirklich die „Krone der Schöpfung“?
Landwirtschaft und Pflanzenzüchtung sind die Basis der menschlichen Entwicklung. Seit Jahrtausenden liefern uns Pflanzen Energie und Nahrung, sie werden zu Medizin verarbeitet oder dienen als Rohstoffe für Papier, Textilien oder Baumaterialien. Heute werden Pflanzen so intensiv genutzt wie nie zuvor. Wenn wertvolle Waldgebiete abgeholzt und durch industrielle Monokulturen ersetzt werden, gefährden wir nicht nur die Artenvielfalt, sondern auch das globale Klima. Wie können wir solchen Entwicklungen als Gesellschaft und als Einzelne entgegensteuern?
Die faszinierende Vielgestaltigkeit der Wild- und Kulturpflanzen ist eine großartige ästhetische Bereicherung unseres Lebens. Wie aber sieht ein Garten aus, der für Menschen, Pflanzen und Tiere lebenswert ist? Wo könnte man Unkraut wachsen lassen, statt es zu jäten? Welche Gewächse sind so gefährlich, dass sie sich nicht verbreiten sollten? Oder ist letztlich keine Pflanze unnütz? Ein tieferes Verständnis der Pflanzenwelt ermöglicht uns vielleicht auch einen nachhaltigeren Umgang mit der Welt, in der wir leben wollen.
Praktische Gartentipps geben wir in der Ausstellung und hier auf unserer Website!
Kuratorin und Projektleitung: Kathrin Meyer
Wissenschaftlich-kuratorische Mitarbeit: Saro Gorgis, Judith Henning
Wissenschaftlich-kuratorische Hilfskraft: Benedikt Nose
Wissenschaftliche Beratung: Kathrin Grotz (Botanischer Garten und Botanisches Museum, Berlin); Christoph Neinhuis, Thea Lautenschläger, Bernd Schulz und Frank Müller (TU Dresden, Institut für Botanik); Knut Sturm, Torsten Welle und Matthias Fischer (Naturwaldakademie); Andreas Weber
Ausstellungsgestaltung und Ausstellungsgrafik: Funkelbach. Büro für Architektur und Grafikdesign
Produktionsleitung und Greenery: Rainer Kaufmann, objects & greens
800 qm