Sexualitäten sammeln
Von Körperpraktiken, Beziehungen und grenzüberschreitenden Objekten
Die Tagungsbeiträge finden Sie unter folgendem Link zum Nachsehen:
Projektpartner*innen
Was können Dinge im Museum über die Geschichte der Sexualitäten erzählen? Diese Frage stellte sich ein interdisziplinäres Forschungsprojekt anhand der umfangreichen alltagshistorischen Sammlung des Deutschen Hygiene-Museums. Im Verbund mit dem Lehrstuhl für Soziologische Theorien und Kultursoziologie an der TU Dresden, dem Institut für Geschichte, Ethik und Philosophie der Medizin der Medizinischen Hochschule Hannover und dem Schwulen Museum* Berlin wurde den Wechselbeziehungen zwischen Objekten und dem Wissen über Sexualität im 20. und 21. Jahrhunderts nachgegangen. Das Forschungsprojekt umfasste drei Teilprojekte und wird durch das Bundesministerium für Bil
Das Deutsche Hygiene-Museum Dresden (DHMD) fungierte als Verbundkoordinator und widmete sich im Teilprojekt „Beziehungsobjekte“ der weiteren Erschließung seines Sammlungsbestandes mit Alltagsobjekten, von denen angenommen wird, dass sie etwas mit Sexualität zu tun haben könnten. Der Bestand umfasst aktuell etwa 2 000 Objekte aus dem Zeitraum von Ende des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart. Dazu zählen Schutz , Verhütungs- und Reproduktionsmittel sowie Sexspielzeuge, die nicht immer genau zu unterscheiden sind von sexuellen Hilfsmitteln. Zu Letzteren gehören ebenso Geschlecht und Sexualität regulierende Medikamente. Quantitativ große Gruppen stellen der Bestand der Verhütungspillen sowie insbesondere die etwa 1 000 Kondome dar, die auch aufgrund ihrer historischen und geografischen Vielfalt zu den Schätzen des Museums gehören. Die Gruppe der Schutz- und Verhütungsmittel macht damit einen großen Teil des Bestands aus. Objekte, die ausschließlich zur sexuellen Stimulation bestimmt sind, bilden einen weiteren, wenngleich kleineren Teil der Sammlung. Die frühesten als Sexspielzeug klassifizierten Objekte in der Sammlung des DHMD stammen aus den 1970er-Jahren. Vor allem dieser Bestand konnte im Rahmen des Forschungsprojekts „Dinge und Sexualität. Produktion und Konsumtion im 20. und 21. Jahrhundert“ durch gezielte Sammeltätigkeit in den vergangenen Jahren erweitert werden.
Für das am DHMD angesiedelte Teilprojekt „Beziehungsdinge“ standen zunächst Fragen nach Herkunft, Material, intendierten Funktionen und tatsächlichen Gebrauchsweisen der Alltagsgegenstände im Mittelpunkt. In einem zweiten Schritt wurden schließlich Gebrauchsweisen und Erfahrungen mit diesen Dingen analysiert: Welche Praktiken verbinden sich mit ihnen, welches Wissen setzt ihr Gebrauch voraus und welche neuen Wissensbestände entstehen durch ihre Verwendung? Ziel war es, vom Objektgebrauch auf den Wandel von Beziehungen zwischen Menschen, zwischen Menschen und Objekten sowie zwischen Menschen und ihren Körpern zu schließen. Das Interesse galt den Vorstellungen vom Umgang mit den Dingen, den tatsächlich vollzogenen Praktiken sowie den sich daraus entfaltenden Wirkungen gleichermaßen. Festgeschriebene, bewährte Deutungen sollten dekonstruiert und bislang unentdeckte Leerstellen, wie etwa zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt, ausgemacht werden.
Zum Abschluss des Forschungsprojekts DINGE UND SEXUALITÄT. Produktion und Konsumtion im 20. und 21. Jahrhundert sind im Oktober und November 2021 zwei Publikationen erschienen, die einerseits Ansprüche und Herausforderungen in der musealen Arbeit mit sexualitätsbezogenen Objekten reflektieren und andererseits den Bestand an Alltagsobjekten des Deutschen Hygiene-Museums beleuchten.
In unserer Sammlung Online präsentieren wir Ihnen aktuell eine Auswahl dieses Objektbestands unter unseren Highlightobjekten. Für eine vertiefte Recherche im digitalen Sammlungskatalog kann die Suche KONVOLUT Projekt „Dinge und Sexualität“ genutzt werden.