Einführung
Das Gesicht ist ein entscheidender Schauplatz des Verstehens und der Affekte gegenüber dem und den Anderen. Welche Rolle spielt die Begegnung von Angesicht zu Angesicht für die Einübung von Empathie? Wie entstehen Fremdheit und Vertrautheit von Gesichtern im Zeitalter zunehmend medial vermittelter Interaktion? Das Symposium erörtert diese Fragen aus entwicklungspsychologischer und kulturwissenschaftlicher Perspektive im Blick auf die Politik des Zusammenlebens in der globalisierten Migrationsgesellschaft zusammen.
Das Erkenntnisinteresse richtet sich auf die Bedingungen einer gelingenden sozialen Kultur. Im Zeitalter der Globalisierung scheint Empathie als grundlegende Kompetenz menschlichen Miteinanders gefragter denn je. Nur wer die Erfahrungen und Herausforderungen eines fremden Lebens verstehen und dessen Bedürfnisse nachempfinden kann, wird die Konfrontation mit kulturellen und sozialen Divergenzen ein- wie wertschätzen können. Andererseits finden in der Mediengesellschaft menschliche Begegnungen oftmals indirekt, vermittelt durch standardisierte Bildwelten statt. Kann man sich menschliches Leid - sei es nebenan oder in weit entfernten Teilen der Welt - schwer vorstellen, wenn man die Betroffenen nur in Fotografien oder Filmaufnahmen sieht? Und wie stark ist unser Umgang mit fremden Gesichtern von tradierten Bild- und Diskursmustern geprägt? Klar scheint: in der alltäglichen Berichterstattung nützt sich die Eindrücklichkeit von Bildern ab. Hat Mitmenschlichkeit ohne direkte Begegnung eine Chance? Wieviel Auseinandersetzung braucht und wieviel Kontroverse verträgt der Umgang mit unterschiedlichen Lebensformen? Aus anthropologischer, philosophischer und psychologischer Perspektive stellt sich die brisante Frage: Ist Empathie eine unausgeschöpfte Ressource und Chance? Oder ist die Forderung nach mehr Empathie vor allem ein Regulativ der überforderten Migrationsgesellschaft und des Mangels an politischen Instrumenten und sozialen Visionen des weltweiten Zusammenlebens?
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Medienpartner
Programm
Mittwoch, 4. Oktober
13:30 Uhr
Führung durch die Ausstellung Das Gesicht. Eine Spurensuche
mit der Sigrid Weigel, Konzept und Beratung
15 Uhr
Begrüßung
Gisela Staupe, Stellvertretende Direktorin Deutsches Hygiene Museum
Einführung in die Tagung
Sigrid Weigel, Literaturwissenschaftlerin, Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Berlin
I. BEGEGNUNGEN MIT DEM ANDEREN - BEGEGNUNGEN MIT DEN ANDEREN
15:45 Uhr
Fremde Gesichter: Kulturtechniken der Begegnung
Thomas Macho, Kulturwissenschaftler, Direktor des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften, Wien
16:45
Kaffeepause
17 Uhr
Die Begegnung mit dem Anderen. Psychoanalytische Beobachtungen mit Geflüchteten
Marianne Leuzinger-Bohleber, Psychoanalytikerin, Sigmund-Freud-Institut, Frankfurt a. M.
MEHR ZUM BEITRAG
18 Uhr
Pause und Abendessen
20 Uhr
Public talk: Our Violence is Your Violence. Transcultural theatre as a provocation of empathy
Theatre director Oliver Frljic in conversation with Jeanne Bindernagel, Deutsches Hygiene-Museum
Donnerstag, 5. Oktober
II. FACE TO FACE: MIMIK UND GESICHT IN DER SOZIALEN INTERAKTION
9 Uhr
Eingriffe an Form und Funktion des Gesichts und deren Bedeutung für die mimische Interaktion der Patienten
Katja Schwenzer-Zimmerer, Professorin für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Med Uni Graz
III. GESICHTER SEHEN
10:30 Uhr
Das verschleierte Gesicht in Tradition, Kunst und Mode
Tatjana Petzer, Literaturwissenschaftlerin/Slawistin, Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Berlin / Vertretungsprofessorin für Slavistische Literaturwissenschaft, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
MEHR ZUM BEITRAG
IV: DAS GESICHT DES ANDEREN IM BRENNPUNKT GESELLSCHAFTSPOLITISCHER KONFLIKTE
11:45 Uhr
Flüchtlinge – Möglichkeiten und Grenzen der Akzeptanz
Jürgen Friedrichs, Soziologe, Universität Köln
MEHR ZUM BEITRAG
13:00 Uhr
Schlussrunde: Resümees und Ausblick