Einführung
Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein wurden die unterschiedlichsten Gegenstände aus Kunststoffen auf der Basis von Cellulose gefertigt. Zahlreiche dieser Objekte werden heute auch in musealen Sammlungen aufbewahrt. Neben massenhaft hergestellten Alltagsprodukten wie Kämmen, Brillen oder Handtaschen entstanden aber auch Kunstwerke mit Cellulose-Kunststoffen, beispielsweise Arbeiten des russischen Bildhauers Naum Gabo. Die damals neuen Werkstoffe wurden auch von Natur-, Sozial- und Technikmuseen verwendet, um Ausstellungsobjekte herzustellen, die sie als aufsehenerregende „technische Meisterwerke“ präsentierten. Heute stellen Cellulose-Kunststoffe jedoch eine besondere Herausforderung hinsichtlich ihres langfristigen Erhalts dar. Ihre Alterung schreitet schnell voran und an vielen der historischen Objekte werden inzwischen massive Schäden sichtbar. Zahlreiche wertvolle Kunst- und Kulturgüter sind daher innerhalb der nächsten Jahrzehnte von der vollkommenen Zersetzung bedroht – durch allgemeine Alterungsprozesse, falsche Lagerungsbedingungen oder aufgrund nicht vorhandener Restaurierungs- und Konservierungsmöglichkeiten.
Die internationale Abschlusstagung Kunststoffe für die Ewigkeit? Gläserne Figuren und andere Ausstellungsikonen erforschen und erhalten dient dem interdisziplinären Austausch über historische, materialwissenschaftliche und konservatorisch-restauratorische Aspekte von musealen Objekten aus cellulosebasierten Kunststoffen. Während der Fokus aus konservierungswissenschaftlicher Perspektive auf der Erforschung von Alterungsverhalten und Restaurierungsmöglichkeiten liegt, wird aus historischer Sicht die Herstellungs-, Ausstellungs- und Sammlungsgeschichte dieser seinerzeit neuartigen Ausstellungsobjekte untersucht.
Die Tagung richtet sich vor allem an Restaurator*innen, Geistes-, Natur- und Konservierungswissenschaftler*innen, Museumsfachleute und Sammlungsbetreuer*innen, die sich über die neuen Erkenntnisse einer interdisziplinär ausgerichteten Kunststoffforschung informieren wollen.
Veranstalter
Deutsches Hygiene-Museum Dresden
Studiengang Kunsttechnologie, Konservierung und Restaurierung von Kunst- und Kulturgut der Hochschule für Bildende Künste Dresden
Professur für Organische Chemie der Polymere der Technischen Universität Dresden
Institut für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft (CICS) der Technischen Hochschule Köln
Programm
19. September, Donnerstag
Begrüßung
ab 8.30 Uhr: Anmeldung
9.00 Uhr: Begrüßung und Einführung
Prof. Klaus Vogel, Deutsches Hygiene-Museum Dresden
Susanne Roeßiger, Deutsches Hygiene-Museum Dresden
Auftakt: Historische Kunststoffobjekte als Kulturgüter begreifen, sammeln und erforschen
Moderation: Prof. Dr. Ursula Haller, Hochschule für Bildende Künste Dresden
9:15 bis 9:30 Uhr: Kunststoffe in Form - Designgeschichte als Werkstoffgeschichte
Dr. Wolfgang Schepers, Kunststoff-Museums-Verein e.V., Oberhausen
9:30 bis 9:45 Uhr: Kunststoffe als Forschungsgegenstand der Konservierungswissenschaft
Prof. Dr. Friederike Waentig, Technische Hochschule Köln
10 bis 10:30 Uhr: Kaffeepause
Panel 1: Historische Ausstellungsikonen aus Kunststoff
Moderation: Susanne Roeßiger, Deutsches Hygiene-Museum Dresden
10:30 bis 11 Uhr: Transparent Women: Local and Global Museum Histories
Dr. Karen Rader, Virginia Commonwealth University, Richmond
11 bis 11:30 Uhr: Die „Gläsernen Figuren“ aus Dresden und Köln im Systemwettstreit 1949–1990
Dr. Christian Sammer, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg
11:30 bis 12 Uhr: Utopische Dimension des Transparenzbegriffs: Designikonen aus Kunststoff
Dr. Julia Bulk, Wilhelm-Wagenfeld-Stiftung, Bremen
12 bis 12:30 Uhr: Das moderne Kunststoffhaus für den modernen Menschen
Dr. Pamela Voigt, BAKU - Bauen mit Kunststoffen, Leipzig
12:45 bis 14 Uhr: Mittagessen
Panel 2: Historische Kunststoffobjekte aus Celluloseestern konservieren und restaurieren
Moderation: Prof. Dr. Ursula Haller, Hochschule für Bildende Künste Dresden
14 bis 14:30 Uhr: Die Komplexität der Gläsernen Figuren - Schadenserfassung und Entwicklung von Konservierungskonzepten für die vielschichtig verflochtenen Objekte
Maria Lörzel, Hochschule für Bildende Künste Dresden
14:30 bis 15 Uhr: Facing Challenges: Investigations into the Conservation of Cellulose Ester Objects
Anna Laganà, Getty Conservation Institute, Los Angeles
15 bis 15:30 Uhr: Masse - Unikate - Dokumente. 5000 Zahnbürsten im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau
Margrit Bormann, Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau
15:30 bis 16 Uhr: Umgang mit Filmmaterial aus Cellulosekunststoffen im Deutschen Filminstitut
Anke Mebold, DFF - Deutsches Filminstitut & Filmmuseum, Frankfurt a. M.
16:15 Uhr bis 16:45 Uhr Kaffeepause
17 bis 18 Uhr: Führungen durch die Dauer- und Sonderausstellung
18:15 bis 19:30 Uhr: Abendessen
19:30 Uhr: Öffentliche Abendveranstaltung: Was tun mit alternden Objekten - erforschen, ausstellen, aussondern, erneuern? Podiumsdiskussion u.a. mit Prof. Dr. Angela Matyssek (Hochschule für Bildende Künste Dresden), DR. CHRISTIANE QUAISSER (Museum für Naturkunde Berlin), Prof. Klaus Vogel (Deutsches Hygiene-Museum Dresden), Dr. Sabine Witt (Deutsches Historisches Museum, Berlin), Suzan de Groot (Cultural Heritage Agency of the Netherlands, Amsterdam) |
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20. September, Freitag
Panel 3: Alterungsprozesse verstehen und verlangsamen: Möglichkeiten und Grenzen
Moderation: Prof. Dr. Christoph Herm, Hochschule für Bildende Künste Dresden
9 bis 9:30 Uhr: Der Einfluss von Klimabedingungen auf die Degradation von Celluloseacetat
Benjamin Kemper, Hochschule für Bildende Künste Dresden
9:30 bis 10 Uhr: Die Alterung und Bewahrung von 3D-Objekten aus Cellulosenitrat: Möglichkeiten und Grenzen
Christina Elsässer, Deutsches Museum, München
10 bis 10:30 Uhr: Research into the conservation of plastics in museum collections: the use of artificial ageing
Suzan de Groot, Cultural Heritage Agency of the Netherlands, Amsterdam
10:30 bis 11 Uhr: Identification of harmful substances and characterization of Elastomers by Thermal Analysis
Erich Jelen, Fraunhofer-Institute for Environmental, Safety and Energy Technology UMSICHT, Oberhausen
11:15 bis 12 Uhr: Mittagsimbiss
Panel 4: Kunststoffforschung aktuell
Moderation: Prof. Dr. Friederike Waentig, Technische Hochschule Köln
12 bis 12:15 Uhr: Empfehlungen zum Umgang mit Objekten aus Celluloseacetat
Benjamin Kemper/Maria Lörzel, Hochschule für Bildende Künste Dresden
12:15 bis 12:30 Uhr: COMPLEX: The Degradation of Complex Modern Polymeric Objects in Heritage Collections: A System Dynamics Approach
Dr. Katherine Curran, University College London
12:30 bis 12:45 Uhr:
A national framework for managing malignant plastics in museum collections (the PolyMuse project in Australia)
Dr. Petronella Nel, University of Melbourne
12:45 bis 13 Uhr: Facetten einer Sammlung. Forschung zur Farbigkeit früher Kunststoffe anhand eines Bestands des Technischen Museums Wien
Anne Biber, Hochschule für Bildende Künste Dresden
13 bis 13:15 Uhr: Materials in Motion. A research project on animation artwork conservation
Aafke Weller, EYE Filmmuseum, Amsterdam
13:30 Uhr: Resümee / Verabschiedung