Erzählsalons

Dresdnerinnen und Dresdner erzählen ihre Geschichten

Die „Erzählsalons“ in der museumKÜCHE, dem Café im Deutschen Hygiene-Museum, bieten Raum für das Erzählen ganz persönlicher Geschichten und damit für den Austausch von Lebenserfahrungen mit den Zuhörenden. Das Erzählen ist ein menschliches Grundbedürfnis und gleichzeitig eine Möglichkeit, Erlebnisse zu verarbeiten, Erfahrungen weiterzugeben und dadurch Gemeinschaft und Vertrautheit zu stiften.

Seit Mai 2022 erzählen Dresdner und Dresdnerinnen einmal im Monat den Gästen der Erzählsalons Geschichten aus ihrem eigenen Leben. Vorbereitet und moderiert und werden die Abende von Katrin Rohnstock, die als Expertin für das Erinnern das Format der Erzählsalons begründet hat.

Damit die Abende persönlich und dialogreich stattfinden können, ist die Zahl der Gäste auf 30 Personen begrenzt.

Die erste Runde der Erzählsalons ist beendet. Es stehen noch keine neuen Termine fest.

 

Gefördert im Programm 360 Grad – Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft

Vergangene Veranstaltungen

Foto: Oliver Killig

8. November, Di, 19 Uhr

Meine Arbeits- und Berufsgeschichte

Wie haben Sie Ihren Beruf gewählt – oder gefunden? Wie war die Berufsausbildung, das Studium? Haben Sie im Kollegium Freunde gefunden oder ging es nur ums Geldverdienen? Können Sie heute von der Arbeit leben? Konnten Sie sich beruflich weiterentwickeln? Warum wurden Sie arbeitslos? Wie haben Sie neue Arbeit gefunden? Wie wünschen Sie sich eine Arbeitswelt von morgen?

Sechs Dresdnerinnen und Dresdner erzählten, wie ihre ganz persönliche Berufs- und Arbeitsgeschichte verlief.

Erzählende & ihre Geschichten

Yvonne Burmann, geboren 1975 in Dresden, hat 1992 das Abitur abgebrochen, weil sie das Gefühl hatte, das Leben zu verpassen. Sie hatte Angst vor dem bürgerlichen Leben: Arbeiten gehen, Wohnung putzen, Kinder… Sie erzählte, wie sie mit ihrem Sohn durchs Leben geht und ihre Berufung gefunden hat, frei vom Zwang Geld zu verdienen.

Heinz Martin Esser, geboren 1955 in Köln, Dipl.-Ing., ging nach fast 20 Berufsjahren 1999 als Geschäftsführer der neu gegründeten Ortner c.l.s. GmbH nach Dresden. Als er in die Elbestadt kam, zählte die Firma gerade 17 Mitarbeiter, heute sind es mehr als 240. Er erzählte, wie sich die Firma über 20 Jahre entwickelte und veränderte, wie sie zweimal verkauft und schließlich zur hochspezialisierten Fabmatics GmbH verschmolzen wurde – einem erfolgreichen und international anerkannten Unternehmen im Umfeld des Silicon Saxony. 

Wilfried Kadner ist 85 Jahre alt und war langjähriger Justiziar des VEB Baustoffversorgung Dresden. Weil der Betrieb 1990 in eine GmbH umgewandelt und dann von der Treuhand abgewickelt wurde, machte er sich mit einer Kanzlei selbständig. Er erzählte, wie sich nach der Wende nicht nur Recht und Rechtsprechung, sondern auch die Streitkultur veränderten.

Monika Kaßmann wurde 1943 in Dresden geboren. Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften in Leipzig und einem postgradualen Ingenieurstudium promovierte sie an der TU Dresden. Bis zur Wende war sie als Leiterin im Forschungsinstitut Verpackung der DDR tätig. 1990 wurde das Institut abgewickelt, und sie musste noch einmal neu beginnen. Das gelang ihr in Forschung und Lehre an der TU Dresden und an weiteren Hochschulen. Auch nach dem Eintritt ins Rentenalter blieb sie vor allem als Herausgeberin und Autorin ihrem Fachgebiet treu und engagiert sich in mehreren Vereinen.

Irina Preuss wurde 1985 geboren und wuchs in Pensa (600 km von Moskau) auf. Nach der 11. Klasse studierte sie Ökonomie, Schwerpunkt Steuern, um bei der "Steuerpolizei" zu arbeiten, wurde von einem Schulfreund in einer Konservenfabrik angestellt, fertigte Budget bei einem städtischen Energieerzeuger an und arbeitete in der Autobranche. 2012 heiratet sie einen Deutschen und siedelt nach Dresden über, bekommt zwei Kinder, engagiert sich im Ausländerrat… Wohin geht die berufliche Reise? In die soziale Arbeit oder zurück in die Finanzbranche?

Kai Simons wurde 1938 in Helsinki geboren, studierte dort Medizin und promovierte. Im Jahre 1975 wurde Simons Gruppenleiter am European Molecular Biology Laboratory in Heidelberg und hat dort das Zellbiologie-Forschungsprogramm gestartet und geleitet. 2001 zog Kai Simons nach Dresden, um als Gründungsdirektor gemeinsam mit den anderen Direktoren das neue Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik aufzubauen – heute ein international anerkanntes Zentrum in den Biowissenschaften. Er erzählte, wie spannend es war, mit dieser Aufgabe in Dresden zurechtzukommen.

Foto: Oliver Killig

4. Oktober, Di, 19 Uhr

Wie ich fürs Leben lernte

Das Lernen, die Schule und die Bildung sind große Themen in unserer heutigen Wissensgesellschaft. Es klingt ganz simpel: Wenn wir aufwachsen, lernen wir. Aber was braucht ein junger Mensch, um gut lernen zu können? Wie können wir so lernen, dass Lernen Freude bereitet? Was muss man lernen, um später im Leben bestehen zu können – und wo lernt man das eigentlich? 

Sechs Dresdnerinnen und Dresdner mit ganz unterschiedlichen Hintergründen erzählten, wie sie persönlich die Schule und das Lernen erlebten. 


Erzählende & ihre Geschichten

Bernd Junghans, 1941 in Annaberg geboren, lernte Triebwerkmechaniker und studierte an der ABF der Technischen Hochschule Dresden und am Moskauer Energetischen Institut. Nach seiner Promotion am Institut für Elektronische Bauelemente in Karl-Marx-Stadt war er in vielen leitenden Positionen im Forschungsbereich Mikroelektronik in Dresden tätig, bis ihn nach der Wende ein amerikanisches Unternehmen ansprach.

Marion Langer, Jahrgang 1975, ist ein einem kleinen Dorf im Odenwald aufgewachsen. Sie absolvierte ein Studium der Ethnologie, Musikwissenschaft und Moderner Indologie mit Tamilisch in Heidelberg. Viele Reisen führten sie u.a. nach Indien, China, Hongkong, Brasilien, in die USA und viele Europäische Länder. Mit ihrem ersten Mann zog sie 2003 in die Schweiz und ihr jetziger Mann führte sie nach fast 5 Jahren Fernbeziehung nach Radebeul, wo sie sich wieder neu orientierte und dazulernte. 

Yulia Penner ist eine der sogenannten Spätaussiedlerinnen. Sie ist 1990 in Kasachstan geboren, hat dann in Russland gelebt, in Rheinland-Pfalz Abitur gemacht und in Thüringen studiert. Seit 2020 lebt und promoviert sie in Dresden. Für die Zeit des Krieges hat sie ihre Dissertation unterbrochen, um mit Geflüchteten aus der Ukraine zu arbeiten. Außerdem kennt man sie als Influencerin unter mirroronscreen.

Wenhui Ren wurde 1994 geboren. Sie besuchte in ihrer chinesischen Heimat eine Pflegeschule und arbeitete dort im Krankenhaus. 2017 kam sie in einem Praktikum erst nach Zwickau dann nach Dresden und arbeitet seit 2019 als Krankenschwester. Sie erzählt über ihre Schulzeit und ihre medizinische Ausbildung in Asien und Europa.

Jörg Richter wurde 1964 in Dresden geboren und trainierte an der Sportschule in Zinnwald Biathlon, wo er auch die Erweiterte Oberschule besuchte. Abitur machte er in Dresden an der Pestalozzi-Schule. Sein Ausreiseantrag wurde bewilligt, als die Mauer fiel. Er studierte in Hamburg und schrieb später zu vielen Themen als Journalist und Lebenskünstler.

Heidrun Weiß-Weps, 1949 in Bitterfeld als Tochter einer Baptistin geboren, lernte auf einer Russischschule und hat ihr Abitur an der Sportschule in Halle absolviert. Sie wurde Industriekauffrau und BGL-Vorsitzende, später Vorsitzende der Gewerkschaft Handel, Nahrung und Genuss und der Frauenkommission der Stadtbezirksleitung Halle Süd. Parallel zum Beruf absolvierte sie ein Fernstudium als Diplomgesellschaftswissenschaftlerin.

Foto: Oliver Killig

6. September, Di, 19 Uhr

Meine Kindheit und Jugend

Fünf Dresdnerinnen und Dresdner erzählten in dieser Ausgabe des Erzählsalons von ihrer Jugendzeit: Ihre Geschichten sind Ausdruck der wechselvollen Geschichte der Stadt. Und sie zeigen, in welch unterschiedlichen Verhältnissen ihre Einwohner:innen aufgewachsen sind.


Erzählende & ihre Geschichten

Rafael Alves Azevedo wurde 1989 als Sohn einer portugiesischen Gastarbeiterfamilie geboren, die in den 60ern nach Deutschland kam. Er erzählt, wie er in der portugiesischen Community am Niederrhein aufwuchs.

Emiliano Chaimite, wurde 1966 in Quelimane (Mosambik) geboren. Er erzählt aus seiner Kindheit und Jugend in Ostafrika, bis er mit 20 Jahren als Vertragsarbeiter in die DDR kam.

Antonie Gebbensleben, geboren 1940, erzählt von ihren Kindheitserfahrungen in der Kriegs- und Nachkriegszeit im zerbombten Magdeburg, von der Evakuierung aufs Land, vom Steine klopfen, vom Russischunterricht, vom Vater, der in den letzten Kriegstagen noch umgebracht wurde, und vom Stiefvater, der in der Sowjetunion im Komitee Freies Deutschland gekämpft hatte.

Phillip Schaller wurde 1978 in Dresden in einer Künstlerfamilie geboren. Vater und Mutter trennten sich als er 6 Jahre alt war, er blieb bei der Mutter. Mit 12 Jahren erlebte er die Wende - verbunden mit zahlreichen Umzügen, Unruhen und Aufbrüchen.

Mariana Seeboth wurde 1980 in Moskau in eine jüdische Familie hineingeboren. Ihr Vater war Musiker im Orchester einer bekannten Tanzschule. So kam sie zum Tanz und hat ihre ganze Kindheit mit Tanzen verbracht. 1996 wanderte der Vater nach Deutschland aus.

Foto: Oliver Killig

12. Juli, Di, 19 Uhr

Religion und Tradition in meiner Familie

Wie feiern wir Feste, wie pflegen wir Traditionen? In den Geschichten unserer fünf Erzählenden ging es diesmal darum, auf welchen Wegen Menschen in Dresden ihren Glauben gefunden haben und praktizieren – und warum sich Andere aus Enttäuschung von ihrer Religion abgewandt haben.


Erzählende & ihre Geschichten

Si Cao wurde 1991 in Mittel-China geboren. Ihre Kindheit und ihr Alltag sind vom Buddhismus, den Lehren des Konfuzius und traditionellen Riten bestimmt. Tradition bringt sie zum Beispiel durch das chinesische Neujahrfest und das Kochen mit nach Dresden ins Chinesisch-Deutschen Zentrum e.V.. 

Tobias König wurde 1973 in Löbau geboren. Sein Vater war Kantor-Katechet, und er hatte sich konfirmieren lassen. Inzwischen ist er aus Kirche ausgetreten, hat aber seine Beziehung zu Gott erhalten. Darüber versucht er sich übers Internet mit anderen auszutauschen, doch er ist enttäuscht über die Unsachlichkeit und Intoleranz in der Kommunikation. 

Yalda Karimi kam 2015 nach Deutschland und leitet die persische Frauengruppe bei Kolibri e.V. Sie wird erzählen, welche Feste und Traditionen sie gemeinsam feiern - aber auch, welchen Diskriminierungen sie und ihre Freunde im Alltag ausgesetzt sind, und wie sie sich für interkulturelle Verständigung einsetzt.

Die Eltern von Leena Behr hatten sich bei den Mormonen kennengelernt. Die heute 22-Jährige erzählt, warum sie vor zwei Jahren aus der Glaubensgemeinschaft austrat, welche Schwierigkeiten sich für die Familie ergaben und was ihr heute wichtig ist.

Die vietnamesische Unternehmerin Do Kieu Thanh hat den Buddhistischen Tempel in Dresden mit aufgebaut. Was Buddhas Weisheitslehre und der Zusammenhalt der Gemeinschaft für sie und ihre Freunde bedeutet, darüber will sie im Erzählsalon sprechen.

Foto: Oliver Killig

7. Juni, Di, 19 Uhr

Wie ich nach Dresden kam

Fünf Menschen mit ganz unterschiedlichen Dresden-Zuwanderungsgeschichten erzählten ihre persönlichen Erfahrungen. Ihre Geschichten halfen uns zu begreifen, wie unterschiedlich die Stadt erlebt wird - je nachdem, woher, wann und wie sie nach Dresden gekommen sind. Mitdiskutieren ausdrücklich erwünscht!


Erzählende & ihre Geschichten

Karolina Borowski, Jahrgang 1964, wurde im polnischen Zabrze (bei Gleiwitz) geboren und zog 1979 mit ihren Eltern nach Westdeutschland. Sie erzählt von Diskriminierungserfahrungen im Schwabenland, ihrem Neuanfang 1992 in Dresden und wie sie heute Touristen durch diese kulturvolle Stadt führt.

Christine Müller-Radloff, Jahrgang 1958, Textilrestauratorin, kam dreimal nach Dresden: das erste Mal mit den jungen Sanitätern, das zweite Mal, um ihr Studium für Textil- und Bekleidungstechnik an der TU zu absolvieren, und 2010 zog sie endgültig nach Dresden. Sie erzählt von ihrer beruflichen Herabstufung nach der Wende und wie sie sich für ein kurdische Familie mit Asyl in Deutschland engagierte.

Fraidoon Naqshbandi, Jahrgang 1988, arbeitet in der museumKüche und erzählt von seiner Flucht aus Afghanistan, wo er als Dolmetscher für die NATO arbeitete, von seiner Frau und seinem Sohn, die zur Zeit unter schwierigen Bedingungen in der Türkei lebt, und von dem Versuch, sich in Deutschland beruflich zu etablieren.

Viktor Vincze, wurde 1977 in Ungarn geboren und kam 1997 zum Studium Kultur & Management nach Görlitz und 2001 an die TU Dresden. Nach eigenen Ausgrenzungserfahrungen engagiert er sich heute als Vorsitzender des Integrations-und Ausländerbeirat der Landeshauptstadt Dresden für gelebte Weltoffenheit.

Renate Zörgiebel, Jahrgang 1953, kam 1991 mit ihren drei Kindern aus München nach Dresden. Sie folgte ihrem Mann, der voller Enthusiasmus den Osten mit aufbauen und geschäftlich tätig werden wollte. Sie erzählt, wie schwierig es war mit eingeborenen Dresdnern in Kontakt zu kommen und wie sie sich ein Netzwerk aufbaute, mit dem sie die große Familie gut managen konnte.

Foto: Oliver Killig

3. Mai, Di, 19 Uhr

Meine Familiengeschichte

Beim ersten Erzählsalon drehte sich alles um persönliche Familiengeschichten. Um uns selbst zu verstehen, müssen wir die Geschichten unserer Eltern und Großeltern verstehen. Wie gestaltete sich Ihr Familienleben? Was gaben Ihnen Ihre Eltern mit ins Leben an Einstellungen und Kompetenzen? Diskutieren Sie mit!


Erzählende & ihre Geschichten

Konstantin Arkush gehört zu den jüdischen Einwanderern aus der ehemaligen Sowjetunion und erzählte über 120 Jahre seiner Familiengeschichte - unter anderem über seinen Großvater Mosche, zwischen zionistischer Jugendorganisation und Kommunistischer Partei.

Antje Herrmann erzählte über die ambivalente Geschichte ihrer Familie und die Folgen des Krieges: Schausteller, die sich ins nationalsozialistische System ziehen haben lassen und Sudetendeutsche, die vertrieben wurden. 

Alexander Neufeld kam als Russlanddeutscher aus der Sowjetunion, erzählte über seine Großeltern und Eltern aus der Ukraine und dem Kaukasus und Nationalkonflikte zu SU-Zeiten.

Petra Schweizer-Strobel erzählte von ihrer Großmutter und ihren Großvätern, die im 2. Weltkrieg in der Leibstandarte SS Adolf Hitler kämpften, von ungeklärten Schicksalen, Kriegsverbrechen, Schuld und davon, wie das alles in ihrer Familie bis heute nachwirkt.