Zukunft leben. Eine demografische Chance

14. Jun 2013 - 21. Jun 2013

Eine Wanderausstellung der Leibniz-Gemeinschaft im Deutschen Hygiene-Museum.

Einführung

Wir leben länger. Wir bekommen weniger Kinder. Wir werden vielfältiger. Welches Entwicklungspotential ist damit verbunden: gesellschaftlich, familiär und individuell? Wo zeichnet sich heute ab, was morgen sein wird? Die Wanderausstellung "Zukunft leben. Die demografische Chance" der Leibniz-Gemeinschaft präsentiert wissenschaftliche Fragestellungen und Erkenntnisse zum demografischen Wandel. Interaktive Exponate führen ein in Fragestellungen, Analysen, Forschungsprozesse und ihre Ergebnisse und zeigen, wie Wissenschaft heute an Antworten für morgen arbeitet. Auf der Basis von Ergebnissen und Lösungsvorschlägen aus Wissenschaft und Forschung zeigt die Ausstellung auf rund 300 Quadratmetern und in neun allgemeinverständlich gestalteten Abteilung, wie wir morgen lernen, arbeiten, Familien bilden, altern und wohnen werden - und wovon wir heute träumen. Den Anfang macht eine begehbare 3D-Skulptur zur Bevölkerungsentwicklung in Deutschland. Hier können Besucher einen Blick in die Zukunft wagen und selbst erkunden, welche Faktoren die Bevölkerungsdynamik beeinflussen. Die Ausstellung untersucht auch, ob wir anders lernen werden als heute. Werden wir interkultureller - und was bedeutet das eigentlich? Müssen wir alle länger arbeiten? Welche Auswirkungen hat das längere Leben auf den Lebensverlauf? Wissenschaftler der verschiedensten Disziplinen äußern sich zu diesen Fragestellungen in Videointerviews. Fotografien, historische Abbildungen, statistische Darstellungen, Animationsfilme und Comic-Geschichten und zahlreiche interaktive Module geben Gelegenheit zum Mit-Denken - über unsere Zukunft und die Chancen im demografischen Wandel.

 

Die Ausstellung wurde am 26. Februar 2013 im Berliner Museum für Naturkunde eröffnet und wird im Laufe der folgenden 13 Monate in vier weiteren Leibniz-Museen in Mainz, Bremerhaven, Bochum und München sowie ab dem 14. Juni 2013 im Deutschen Hygiene-Museum in Dresden gezeigt.

Abteilungen

1. Zählen und Prognostizieren

Die begehbare Skulptur entsteht durch die Umrissformen der deutschen Bevölkerungspyramiden der Jahrgänge von 1950 bis 2010. Am Relief ihrer Jahrgangsscheiben bilden sich historische Ereignisse wie die zwei Weltkriege, das Wirtschaftswunder, aber auch grundlegende Änderungen unseres Lebensstiles durch Erfindungen wie die Anti-Baby-Pille ab. Seit mehr als 100 Jahren ist der Trend gültig, dass wir immer länger leben und weniger Kinder bekommen als frühere Gesellschaften. Dabei erreicht die absolute Bevölkerungsgröße in Deutschland heute ihren Zenit und wird trotz Zuwanderung künftig rückläufig sein. Das Durchschnittsalter und der Anteil der Migranten an der Bevölkerung werden weiter steigen.

2. Leben

Wie unser Leben verläuft, hängt auch vom Geburtsjahr ab. Jede Generation macht ihre eigenen historischen Erfahrungen – und wer heute geboren wird, hat eine durchschnittliche Lebenserwartung von etwa 80 Jahren. Vor 130 Jahren wäre es nur die Hälfte gewesen. Das verändert Lebensverläufe. So lernen wir heute zum Beispiel wesentlich länger als unsere Vorfahren.

3. Kinder haben

Die Mehrzahl der Menschen werden Eltern. Das gilt auch in Deutschland mit seiner vergleichsweise geringen durchschnittlichen Zahl von 1,6 Kindern pro Frau. Wie diese Kinder und ihre Familien leben, was zu ihrem Wohlergehen beiträgt, was es behindert, wie Familien zustande kommen und warum sie auseinander brechen – diese Fragen beschäftigen die Forschung, auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. Warum haben Menschen Kinder und warum haben sie keine? Als „fertility gap“ bezeichnet man eine Differenz zwischen gewünschten und tatsächlich geborenen Kindern. Gibt es politische und gesellschaftliche Bedingungen, die Menschen davon abhalten, ihre Kinderwünsche zu verwirklichen? Diese Fragen werden sowohl durch die Analyse von Lebensverläufen als auch ländervergleichend  bearbeitet – und nicht zuletzt mit Blick auf die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland.

4. Altern

Was es über das Altern zu wissen gibt, glauben wir zu wissen. Aber tatsächlich werfen die biologischen Alterungsprozesse noch viele Forschungsfragen auf. Außerdem ist Altern auch eine Sache der Kultur, also veränderlich. Heute sind 70-Jährige biologisch und sozial „jünger“ als früher und vor 100 Jahren haben die meisten Zeitgenossen dieses Alter erst gar nicht erreicht. Es lohnt sich, einige verbreitete „Altersmythen“ zu überprüfen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nehmen sich ihrer  an, um sie zu kommentieren, zu relativieren oder auch zu widerlegen. Sie erkunden, was beim biologischen Altern geschieht, wie alt Menschen (theoretisch) werden und wie sie das eigene Altern (praktisch) beeinflussen können. Ist das Altern vielleicht sogar gestaltbar?

5. Lernen und Ausbilden

Bildung entscheidet über den Lebensstandard des Einzelnen und den gesellschaftlichen Wohlstand. Nur mit einem Bildungssystem, das jeden erreicht und ein ganzes Leben lang begleitet, können wir den Herausforderungen des demografischen Wandels begegnen. In einem Land, in dem künftig viel weniger Menschen leben und arbeiten, muss Bildung für alle zugänglich sein. Doch in Deutschland sind die Chancen, Fähigkeiten, soziale Kompetenzen und Kreativität zu erlernen, immer noch ungleich verteilt. Stärker als in fast allen anderen hochentwickelten Staaten 
ist der Zugang zur Bildung von der sozialen Herkunft abhängig. Die Wirtschaftsweisen forderten daher bereits 2009 in ihrem Jahresgutachten eine bildungspolitische Offensive und legten einen 10-Punkte-Plan vor.

6. Arbeiten

Die ökonomischen Folgen des demografischen Wandels sind beherrschbar – so die Feststellung der Wirtschaftsweisen in einem Sondergutachten für die Bundesregierung aus dem Jahr 2011. Voraussetzung ist jedoch, dass wir die Herausforderung annehmen und die Politik die Weichen richtig stellt. Dazu gehören eine Bildungsoffensive und die Steigerung der Erwerbsquote von Frauen, die Verlängerung der Lebensarbeitszeit sowie eine starke Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland. Nicht zuletzt müssen die Beiträge zu den sozialen Sicherungssystemen angepasst und die Lücke zwischen staatlichen Einnahmen und Ausgaben geschlossen werden. Ohne dieses Maßnahmenbündel sind die Sorgen vor dem demografischen Wandel berechtigt. Und: Je länger die Umsetzung aufgeschoben wird, desto höher wird die Rechnung in der Zukunft ausfallen.

7. Kommen, Gehen, Bleiben

Migration ist nicht die Ausnahme, sondern der historische Normalfall. Vieles spricht dafür, dass sie weiter zunehmen wird. Menschen verlassen ihre Herkunftsorte aus den unterschiedlichsten Gründen. Oft bilden politische oder ökonomische Entwicklungen den Hintergrund. Am Ende steht eine persönliche Entscheidung. Die Vielzahl der Faktoren, die zu Migrationsentscheidungen führen können, macht es sehr schwer, Wanderungsbewegungen zu prognostizieren. Für die Volkswirtschaft steht in Zeiten demografischen Wandels die Einwanderung hochqualifizierter Migrantinnen und Migranten und eine gute Ausbildung ihrer hier lebenden Kinder im Mittelpunkt. Für die Einzelnen lautet die Frage dagegen, ob sie ihre Potenziale einsetzen und ihre Lebensvorstellungen verwirklichen können.  Erfolgreiche Migrationspolitik muss beides berücksichtigen.

8. Teilhaben und Vernetzen

Teilzuhaben ist ein grundlegendes menschliches Bedürfnis. Menschen dabei zu unterstützen, ist daher ein Ziel von Innovation. Technologie kann das Leben erleichtern, Mobilität schaffen und Kommunikation intensivieren.

Welche Technologien werden uns in Zukunft unterstützen? Wählen Sie ein Objekt an, um Informationen zu Projekten abzurufen, die im Moment noch in ihrer Entwicklungsphase sind. Die Flugzeuge etwa stehen für Mobilität. Präsentiert werden  hier Innovationen, die Beweglichkeit, Selbstbestimmung und Sicherheit ermöglichen oder die Geselligkeit, das Zusammenleben mit der Familie und die Kommunikation befördern. Sie können die Neuerungen auch kommentieren – oder eigene Ideen für noch fehlende Erfindungen hinterlassen.

9. Chance 2050

Kommerzielle Sehnsuchtsbilder vom „Ruhestand“ tauchten zum ersten Mal in den 1950er-Jahren auf und richteten sich an  die amerikanische Mittelklasse. Findige Investoren machten die animierte Freizeitexistenz in einem südlichen Ferienressort zum Massenangebot und beherrschen damit bis heute das Bild der Rentnerstädte. Demgegenüber steht das Schreckensszenario des demografischen Wandels: Anstatt des Urlaubsparadieses für Reiche wird der Mehrheit eine Existenz unterhalb der Armutsgrenze in Aussicht gestellt, die irgendwann zum „Aufstand der Alten“ führen muss, so der reißerische Titel einer Doku-Fiction aus dem Jahr 2007. In Wirklichkeit finden wir aber schon heute insbesondere für diese Lebensphase die erstaunlichsten Neuerungen und Experimente: Mehrgenerationenhäuser, Alten-WGs, Dörfer für Demenzkranke und eine Architektur für alle Altersgruppen zeigen Wege auf, wie das (Zusammen-)Leben in einer alternden Zivilgesellschaft gelingen kann. 

Rundgang

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Eine Wanderausstellung der Leibniz-Gemeinschaft im Deutschen Hygiene-Museum.