Let’s Talk About Mountains Filmische Ansichten von Nordkorea

18. Nov 2023 - 26. Mai 2024

In Kooperation mit dem Alpinen Museum der Schweiz, Bern

Über die Ausstellung

Kurator: Beat Hächler, Alpines Museum der Schweiz
Konzeption, Regie, Schnitt: Gian Suhner
Bildgestaltung, Kamera: Katharina Schelling
Ton und Sounddesign: Denis Elmaci 
Co-Kurator, Präsentation in Dresden: Andreas Geißler, kursiv | text-objekt-raum
Kuratorisch-wissenschaftliche Projektassistenz: Kathrin Haase
Ausstellungsgestaltung: Original design – Philipp Clemenz;
Adaption für DHMD – Grafikbüro unverblümt: Katharina Balzer, Enrico Wuttke

Was fällt Ihnen ein, wenn Sie „Nordkorea“ hören? Totalitärer Führerstaat, Menschenrechtsverletzungen, Ernährungskrisen und militärische Drohgebärden? Wie aber denken Nordkoreaner:innen über ihre Welt? Wie und worüber ist ein Austausch mit ihnen möglich? Wo liegen die Grenzen des Sagbaren? Was können wir verstehen?

In der Ausstellung „Let’s Talk about Mountains“, die ein Kuratoren- und Filmteam des Alpinen Museums der Schweiz realisiert hat, erzählten Menschen aus Nordkorea über Berge, Naturerfahrungen und Identität. Die Berglandschaften der koreanischen Halbinsel prägen und verbinden ein Land, das seit fast 80 Jahren geteilt ist. Die einfühlsamen Filmbegegnungen schufen Irritationen, aber auch Momente vertrauter Nähe trotz scheinbar unüberbrückbarer systemischer Unterschiede. Jenseits stereotyper medialer Bilder gaben sie Einblicke in den nordkoreanischen Alltag und seine Lebenswelten.

Bei ihrer Präsentation im Hygiene-Museum wurde die Ausstellung um eine interessante zeithistorische Perspektive ergänzt: Sächsische Bergsteiger:innen berichteten von ihren Eindrücken und persönlichen Grenzerfahrungen im ehemaligen sozialistischen Bruderstaat, in den sie Ende der 1980er Jahre zur Erkundung anspruchsvoller Kletterrouten eingeladen waren.

 

Für Familien

Kinderspur: 10 Stationen zum Hören & Mitmachen

Kinder ab 9 Jahren konnten in der Ausstellung eine interaktive Reise durch Nordkorea unternehmen: Dabei berichteten verschiedene Alltagsgegenstände über ihre Erfahrungen in Nordkorea und ihre Begegnungen mit dem Ausstellungsteam.

Pressestimmen

Der Berg als trojanisches Tor, scheinbar unverdächtig und doch hochpolitisch, zieht sich als Thema durch die Ausstellung, die nun in Dresden zu sehen ist. Tatsächlich kommt man dem Leben in dem totalitär regierten Land näher als kaum zuvor, ohne sich der Illusion hinzugeben, dass man hier tatsächlich realistischen Alltag sehen würde. MDR artour
Das Stereotyp Nordkoreas ist in vielen Antworten präsent: immer dann, wenn Männer und Frauen sofort auf ihren 'großen Führer' zu sprechen kommen. Dazu passt auch die oft recht steife Köreperhaltung der einzeln Befragten. Gerade deshalb stechen die wenigen Ausnahmen geradezu wohltuend heraus. Dresdner Neueste Nachrichten
Entstanden sind die Filmaufnahmen 2018 und 2019 während einer kurzen Tauwetterphase. Inzwischen aber setzt man in Nordkorea wieder auf Abschottung. Insofern zeigt uns die Ausstellung ein Land, das es so nicht mehr gibt, was sie umso sehenswerter macht. MDR
Man braucht Ruhe und Zeit, um die filmischen Impressionen wirken zu lassen (…) zu erleben ist der nordkoreanische Alltag in Schule, Kunst, Freizeit und Alltag, wie man ihn in der herkömmlichen Medienberichterstattung eher selten gezeigt bekommt. Es ergeben sich Nähe und systemische Unterschiede. Und doch wirkt bei aller Befremdlichkeit vieles normal. Morgenpost
Wer sich (...) spektakuläre Landschaftsaufnahmen und ein Schwelgen in Naturschönheiten verspricht, wird vielleicht enttäuscht sein. Sicher, es gibt diese Bilder, aber die Berge dienen in dem meisten Fällen eher als Trojanisches Pferd, mit dessen Hilfe man hinter die Mauern eines isolierten und abgeschotteten Landes zu kommen hoffte. Die Ausstellung schafft es so, einige Vorurteile in der Sicht auf Nordkorea zu relativieren, sorgt aber auch für Irritationen und wirft neue Fragen auf. SAX
Die Gefahr lauert im Verharmlosen, was die Ausstellung aber nicht macht. Denn das System verrät sich in den Filmen immer wieder selbst. Wenn die Interviewten beim Plaudern über Berge plötzlich wie fremdgesteuert Phrasen und Parolen über die "großen Führer" und "verehrten Genossen" und deren Heldentaten fürs Volk einstreuen. Wenn eine Schülerin mit rotem Halstuch stockend ihr gemaltes Bild eines Berges erklärt und den Eindruck der Angst vermittelt, ein falsches Wort zu sagen. Freie Presse

Ausstellungskapitel

STADTBERGE

Im Stadtbild Pjöngjangs sind Bergpanoramen an fast jeder Straßenecke auf Plakaten oder Fassaden zu sehen. Im Herzen der Stadt liegt der Moranbong-Park, ein populärer Stadtberg, der am Wochenende gern als Aussichtspunkt genutzt wird. Der Rest des Landes blickt dagegen Richtung Pjöngjang: Wer hier lebt, ist privilegiert, denn im Vergleich zur Provinz gibt es in der Hauptstadt von allem mehr – sei es Wohnraum, Arbeit, Bildung, Kultur oder Freizeit.

KUNSTBERGE

Das Mansudae-Kunststudio in Pjöngjang ist eine staatliche Kunstmanufaktur mit rund 4.000 Künstler:innen, die Kunst im Auftrag des Staates erschaffen. Kunst in Nordkorea soll zu politisch erwünschtem Denken anregen und realistisch sein. Realistisch wie die Berglandschaften, die Nordkoreas Landschaftsmalerei prägen. Während seines Besuchs traf das Filmteam zwei Bergmaler und eine Kunstakademie-Dozentin.

PÄDAGOGISCHE BERGE

Berge sind auch in der Schule allgegenwärtig. Bereits im Kindergarten wird das Lied vom „Berg der Revolution“ gesungen. Chuch’e, die nordkoreanische Leitideologie, besagt im Kern, dass ein Land mit dem nötigen Willen, kollektivem Einsatz und der richtigen Führung aus eigener Kraft alles erreichen kann. Schon die Jüngsten sollen diese Grundsätze verinnerlichen.

Eine große Gruppe Frauen in militärischer Uniform mit Schirmmützen steht vor einem Wandmosaik. Darauf ist eine Frau mit einem kleinen Jungen auf der Schulter zu sehen sowie ein Mann, der die Hand des Jungen hält. Alle tragen Uniformen. Hinter der Familie ist eine kleine Blockhütte sowie ein schneebedeckter, bewaldeter Berg zu sehen. Hinter dem Mosaik sieht man ebenfalls Wald.

IDEOLOGISCHE BERGE

Seit der Staatsgründung 1948 wird Nordkorea von der Kim-Familie regiert, die einen Führerkult etabliert hat. Der Vulkanberg Paektusan gilt dabei als heiliger Geburtsort  der Revolution. Hier wird an den Partisanenkampf des Staatsgründers Kim Il-sung gegen die japanische Besatzung Koreas in den 1930er Jahren erinnert.

DER BERG DER BERGE

Mit 2.744 Metern ist der Paektusan der höchste Gipfel der koreanischen Halbinsel. Doch er ist weit mehr als das: Er ist Symbol der nordkoreanischen Identität, Wallfahrtsort und Machtsymbol der Kim-Dynastie.

Eine Feldarbeiterin steht auf einem schlammigen Weg. Sie trägt Gummistiefel und einen transparenten blauen Plastikoverall über ihrer Kleidung. Hinter ihr ist ein Feld, einige kleine, einstöckige Gebäude und ein langgestreckter Hügel zu sehen.

RUTSCHENDE BERGE

Nordkoreas Berglandschaften sind reich an Rohstoffen, aber arm an fruchtbaren Böden. Dürreperioden und politische Entwicklungen gefährden die Nahrungsmittelversorgung. Die Humanitäre Hilfe der Schweizer DEZA leitet Frauenprojekte zur Stabilisierung rutschender Berghänge.

Ein Mann in einem blauen Sportanzug steht in einem Skiresort an einer Ein- und Ausstiegsstelle für einen Skilift. Rechts hinter  ihm ist eine Gondel mit geöffneten Türen zu sehen, an deren Türen sich außen Halterungn für Skier befinden. Im Hintergrund hängen weitere Gondeln.

SKIBERGE

Das von Wehrpfl ichtigen errichtete Masikryong-Skiresort auf dem Taehwa-Berg ist ein staatliches Prestigeprojekt. Skitourist:innen sollen Devisen ins Land bringen, die auch aufgrund der westlichen Wirtschaftssanktionen für den Handel auf dem Weltmarkt unentbehrlich sind.

Eine koreanische Wandergruppe posiert vor einer bewaldeten Felswand für ein Gruppenfoto.

FRÖHLICHE BERGE

Zwei Gipfel, zwei Welten: Der Kumgangsan in Nordkoreas Diamantgebirge und der Hallasan auf Südkoreas Ferieninsel Jeju zählen zu den beliebtesten Ausflugszielen dies- und jenseits der Grenze, die Korea teilt. Die Filmszenen in Nord und Süd gleichen sich zum Verwechseln. Dennoch bleiben die Gipfel für die jeweils andere Seite unerreichbar, solange die Teilung Koreas Bestand hat.

Acht Europäer stehen nebeneinander vor einer großen Wanderkarte mit koreanischer Beschriftung. Die Männer tragen identische blaue Sportanzüge, die über der linken Brust den Schriftug "DDR" und das Staatswappen, Hammer und Zirkel im Ährenkranz, zeigen.

SÄCHSISCHE BERGE

1984 sah Kim Il-sung bei einem Staatsbesuch in Dresden und dem Elbsandsteingebirge erstmals Felskletternde. Beeindruckt von deren Kletterkünsten, lud der nordkoreanische Staatsführer die Sportler:innen aus der DDR in sein Land ein. Vier von ihnen erzählten in Interviews von ihren Erlebnissen und den Begegnungen mit den Menschen vor Ort.

RAUM DER REFLEXION

Im letzten Ausstellungsraum konnten Besucher:innen Kommentare hinterlassen, von den Erlebnissen geflüchteter Koreaner:innen erfahren, die eigenen Eindrücke wirken lassen oder mit anderen ins Gespräch kommen. Hier wurden außerdem die häufigsten Publikumsfragen beantwortet und Kinder konnten ihre Lieblingsgeschichten aus der Ausstellung aufschreiben oder malen.

Fact Sheet

Eine Gruppe Koreaner:innen steht einer Balustrade auf einem Bergplateau. Sie tragen militärische Kleidung. Sie winken und schwenken eine große rote Fahne. Falst alle halten ein kleines rotes Buch, etwa im Passformat. Sie werden von einem Kameramann gefilmt. Im Hintergrund ist ein Bergkessel unter einem bewölkten Himmel zu sehen.

NORDKOREA

KALENDERJAHR 112   

REGIERUNG Totalitäres Einparteiensystem  

EINWOHNERZAHL 26,1 Millionen   

HAUPTSTADT Pjöngjang  

FLÄCHE 120.538 km²  

HÖCHSTER BERG Paektusan, 2744 m  

LEBENSERWARTUNG 71,9 Jahre  

WELTHUNGER-INDEX 97/121  

PRESSEFREIHEITS-INDEX 180/180  

DEMOKRATIE-INDEX 165/167  

Koreanische Wanderer stehen auf einer Holzplattform mit Geländer. Einige machen Fotos oder Selfies, andere schauen über das Geländer nach unten.

SÜDKOREA

KALENDERJAHR 2024   

REGIERUNG Semipräsidentielles Regierungssystem  

EINWOHNERZAHL 51,9 Millionen    

HAUPTSTADT Seoul  

FLÄCHE 99.720 km²   

HÖCHSTER BERG Hallasan, 1950 m 

LEBENSERWARTUNG 83,2 Jahre  

WELTHUNGER-INDEX Nicht platziert  

PRESSEFREIHEITS-INDEX 47/180 

DEMOKRATIE-INDEX 24/167  

Quellen: CIA World Factbook, Economist Intelligence Unit, Global Hunger Index, International Institute for Strategic Studies, Reporter ohne Grenzen, Unesco, Weltbank, Germany Trade and Invest

Galerie

An der Rückwand einer Bushaltestelle in Nordkorea ist ein großes Panoramabild angebracht, dass einen tiefblauen Bergsee umgeben von Berggipfeln zeigt. Unterhalb des Bildes sind von der Hüfte abwärts Personen zu sehen, die auf einer Bank sitzen und auf den Bus warten.
In einem Klassenzimmer präsentiert ein junges Mädchen ein Landschaftsgemälde. Vor ihr stehen Farben und ein Becher mit Wasser. Das Bild ist noch nicht ganz trocken. Um sie herum sitzen gleichaltrige Jungen, die ihre eigenen Bilder betrachten. Alle Kinder tragen eine Uniform mit weißen Hemden und roten Halstüchern. An der Wand hängen Zitate auf schwarzem und roten Untergrund.
Eine große Gruppe Frauen in militärischer Uniform mit Schirmmützen steht vor einem Wandmosaik. Darauf ist eine Frau mit einem kleinen Jungen auf der Schulter zu sehen sowie ein Mann, der die Hand des Jungen hält. Alle tragen Uniformen. Hinter der Familie ist eine kleine Blockhütte sowie ein schneebedeckter, bewaldeter Berg zu sehen. Hinter dem Mosaik sieht man ebenfalls Wald.
Eine Feldarbeiterin steht auf einem schlammigen Weg. Sie trägt Gummistiefel und einen transparenten blauen Plastikoverall über ihrer Kleidung. Hinter ihr ist ein Feld, einige kleine, einstöckige Gebäude und ein langgestreckter Hügel zu sehen.
Ein Mann in einem blauen Sportanzug steht in einem Skiresort an einer Ein- und Ausstiegsstelle für einen Skilift. Rechts hinter  ihm ist eine Gondel mit geöffneten Türen zu sehen, an deren Türen sich außen Halterungn für Skier befinden. Im Hintergrund hängen weitere Gondeln.
Eine koreanische Wandergruppe posiert vor einer bewaldeten Felswand für ein Gruppenfoto.
An der Rückwand einer Bushaltestelle in Nordkorea ist ein großes Panoramabild angebracht, dass einen tiefblauen Bergsee umgeben von Berggipfeln zeigt. Unterhalb des Bildes sind von der Hüfte abwärts Personen zu sehen, die auf einer Bank sitzen und auf den Bus warten.
In einem Klassenzimmer präsentiert ein junges Mädchen ein Landschaftsgemälde. Vor ihr stehen Farben und ein Becher mit Wasser. Das Bild ist noch nicht ganz trocken. Um sie herum sitzen gleichaltrige Jungen, die ihre eigenen Bilder betrachten. Alle Kinder tragen eine Uniform mit weißen Hemden und roten Halstüchern. An der Wand hängen Zitate auf schwarzem und roten Untergrund.
Eine große Gruppe Frauen in militärischer Uniform mit Schirmmützen steht vor einem Wandmosaik. Darauf ist eine Frau mit einem kleinen Jungen auf der Schulter zu sehen sowie ein Mann, der die Hand des Jungen hält. Alle tragen Uniformen. Hinter der Familie ist eine kleine Blockhütte sowie ein schneebedeckter, bewaldeter Berg zu sehen. Hinter dem Mosaik sieht man ebenfalls Wald.
Eine Feldarbeiterin steht auf einem schlammigen Weg. Sie trägt Gummistiefel und einen transparenten blauen Plastikoverall über ihrer Kleidung. Hinter ihr ist ein Feld, einige kleine, einstöckige Gebäude und ein langgestreckter Hügel zu sehen.
Ein Mann in einem blauen Sportanzug steht in einem Skiresort an einer Ein- und Ausstiegsstelle für einen Skilift. Rechts hinter  ihm ist eine Gondel mit geöffneten Türen zu sehen, an deren Türen sich außen Halterungn für Skier befinden. Im Hintergrund hängen weitere Gondeln.
Eine koreanische Wandergruppe posiert vor einer bewaldeten Felswand für ein Gruppenfoto.

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Let’s Talk about Mountains. Eine Ausstellung in Kooperation mit dem Alpinen Museum der Schweiz

DAS ALPINE MUSEUM DER SCHWEIZ  greift aktuelle Themen auf und stellt Fragen zur Gegenwart. Die Alpen und die Bergwelt sind Thema in Kunst und Literatur, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Das Museum versteht sich als interaktive Plattform, die Fragen aufwirft und Besucher:innen involviert. Es zeigt große Sonderausstellungen, experimentelle Formate im Raum „Biwak“ und lässt das Publikum im „Fundbüro für Erinnerungen“ die Sammlung mitgestalten.

Gefördert von

Die Veranstaltungen wurden gefördert durch den Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute e.V. - AsKI aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien